Spezieller, fundamentaler Trainingsaufbau im Gewichtheben für Fortgeschrittene
von Peter Krinke 23.11.2014
Seit deren Veröffentlichung konnte ich erhebliches und stetiges Interesse an den Trainingsplänen für Gewichtheben und optimalem Krafttraining auf meiner Webseite erkennen.
Daher möchte ich nun eine wirkungsvolle Methode mit speziellem Intensivtraining zur fundamentalen
Vorbereitung von qualifizierten Gewichthebern vorstellen.
Zielstellung: Erhöhung der Maximalkraft (Hypertrophie) bei gleichzeitiger Steigerung der Schnellkraft.
Dieses Programm beruht auf praktischen Erkenntnissen und stellt eine gesicherte Möglichkeit dar, die genannten Eigenschaften über einen Zeitraum von
9 bis 10 Wochen bei kontinuierlichem Training deutlich zu steigern. Es sollten jedoch keine
Wettkämpfe oder Leistungsprüfungen während dieser Zeit stattfinden, um den Anpassungsrhythmus (Be- und Entlastung) nicht zu stören.
Der folgende Plan wurde zur besseren Darstellung auf 165/200 kg im Reißen und Stoßen „begradigt“.
Besonders bei Hochtalentierten zeigen sich deutliche Kraft-Steigerungsraten in den für das Gewichtheben benötigten Muskelgruppen. Die Explosiv- und
Schnellkrafteigenschaften werden erheblich verbessert.
Ich gehe bei der Anzahl der Wiederholungen nicht von Prozentwerten der 1-ner Wiederholung mit 100% der
möglichen Leistung aus. Das 100% Maximum, das z.B. in der einzelnen Kniebeuge erreicht werden kann, ist also nicht von Bedeutung.
In Kapitel 3 hatte ich dies noch so dargestellt, weil mir seinerzeit kein besserer Vermittlungsweg eingefallen war.
Maßgebend sind hier die in der Vorsaison erzielten Wiederholungs- Maximalleistungen des betreffenden Hebers in den speziellen Kraftübungen der fundamentalen Aufbauphase.
Diese Leistungen geben dann die neue Zielstellung bis zur 9. (10.) Trainingswoche in den nachfolgenden Übungen vor. Das Ziel ist, dass der Heber z.B. nach dem Umsetzen mit seiner Maximallast flüssig aus der Hocke aufstehen kann.
Die Kniebeugen Spannung werden daher mit einer 10 bis 15 kg höheren Endleistung, gegenüber der vorangegangen Vorbereitungsperiode, im5er-Satz geplant.
Es gibt große Spannbreiten in der Muskelfaserverteilung, der speziellen Grundlagen sowie den Konditionsfähigkeiten bei den Athleten.
Deswegen unterscheidet sich das Übungstoleranzniveau in der Ausführung der Wiederholungsanzahl beim gleichen Ausgangswert 100% vom 1er-Maximum in den Kraftübungen bei verschiedenen Sportlern teilweise erheblich.
Zum Beispiel: Dem Einen fallen 5 Wiederholungen mit 85/% seiner 100% 1er-Bestleistung relativ leicht und der Andere packt erst gar keine 5 korrekten Wiederholungen mit dieser 85%-Last.
Um für den folgenden Plan die individuell optimale Belastung seines Athleten festzustellen, muss ein Trainer schon über ein ausgeprägtes Know-How verfügen, um dieses Training mit seinem Athleten zu dem gewünschten Ergebnis führen zu können.
Beim erstmaligen Einsatz dieses Konzeptes wird sich womöglich noch nicht die richtig dosierte Intensität für den Sportler finden lassen. Ein Grund dafür ist, dass die Ausführung der Maximalkraftanteile von den Standards des üblichen Gewichthebetrainings der BVDG-Lehrweisen - nach dem Trainingsmittelkatalog ("Omas Kochbuch") unter dem Motto: das haben wir schon immer so gemacht - deutlich abweichen.
Die Übungen
Im Montagstraining, Reißen/Reißen aus dem Hang (TRTRH), wird der 1. Versuch vom Boden und die weiteren Versuche (1 bis 2)
aus Hüfthöhe bzw. dem oberen Drittel der Oberschenkel ausgeführt.
Die weiteren Antritte werden mit 2 und 1 Wiederholungen vom
Boden ausgeführt. Alle Versuche beinhalten grundsätzlich immer einen kurz fixierten Sitz in der Hocke
(ca. 2 sec.). So hat man die Gewissheit, dass die Last dann im ganzen Ablauf auch beherrscht
wurde.
Für die folgende Übung, Kniebeugen vorne auf Spannung (KV Sp), sind die Beine dann schon
größtenteils aufgewärmt. Zur weiteren Erwärmung, sowie wegen der korrekten Körperhaltung und für den Rhythmus, sollte 1 Satz mit moderater Last und 2-3 Wiederholungen zusätzlich eingeplant
werden.
Zur Ausführung der Spannungskniebeugen wird ein niedriger Hocker hinter den Gewichtheber gestellt. Dieser senkt dann in die Spannungskniebeuge langsam ab, bis er mit dem Hinterteil ganz leicht
den Hocker berührt und steht dann sofort langsam wieder auf. Die Versuche werden ohne Stopp am oberen und unteren Umkehrpunkt durchgeführt. Der obere Umkehrpunkt liegt kurz vor dem vollständigen
Aufstehen. Auf den Hocker setzen oder vor der Wiederholung pausieren ist unzulässig. Durch Einsatz des
Hockers kann man kontrollieren, dass ohne Schwung gearbeitet wird. Ein 5er-Satz sollte
dabei etwa im Mittel ca. 30 Sekunden und in den leichteren Wochen bis ca. 40 Sekunden dauern.
Der anschließende, letzte Satz normale Kniebeugehinten (tief) - siehe Musterplan - sollte dann in der Hockbreite des Reißens ausgeführt werden.
Der Sinn die Kniebeugen vorn in dieser Form durchzuführen liegt darin, die Muskelkette bzw. die Muskelschlingen für den Bewegungsablauf des Umsetzens über den ganzen Muskelstrukturbereich der Beine zu belasten und Muskelgefühl für den konzentrischen und exzentrischen Teil des Umsetzens zu entwickeln.
Ob man richtig mit Muskelgefühl über den kompletten Bereich einer Muskelkette arbeitet, kann man feststellen, indem man sich auf eine normale Zimmerwaage (oder auch zwei Waagen) stellt und eine tiefe Kniebeuge ausführt. Dabei sollte der Zeiger während des Kniebeugens nicht mehr als 10% des eigenen Körpergewichtes ausschlagen.
Damit findet man heraus, mit welchem Ausführungstempo diese Spannungskniebeugen und im
Folgenden beschrieben auch die 1/3 Züge und der ZEH
Spannung gemacht werden sollen.
Diese Kniebeugen sind in der Qualität ihrer Ausführung sehr anspruchsvoll.
Man bedenke, dass bei dieser Ausführungsform etwa die 3-fache Zeit und keine Pause gegenüber der üblichen
Wiederholungspraxis aufgebracht werden muss. Der Mehraufwand an erforderlicher Konzentration um eine gute Bewegungsqualität aufrecht zu erhalten, kommt dazu.
Ein Vorteil dabei ist auch,
dass besonders bei den Kniebeugen das Kniegelenk durch diese gut kontrollierte Ausführung in der Muskelarbeit vor
Verletzungen und vorzeitigen Verschleiß bewahrt und geschont wird.
1x pro
Woche und pro Muskelkomplex richtig und über den Zeitraum der Vorbereitungsperiode auch kontinuierlich
ausgeführt, reicht dieses Training vollkommen für höchste Ansprüche zur Entwicklung von Maximalkraft und Hypertrophie!
Dagegen muss
beim Umsetzen selbst immer ballistisch gearbeitet und schnell aus der Hocke aufgestanden
werden!
Ein Beispiel eines übertrieben umfangreichen und intensiven Kniebeugetrainings war Matthias Steiner, der bei mehrfachen wöchentlichen Kniebeugetraining mit einer hohen Intensität (z.B. mit bis zu 300kg) nicht in der Lage war Lasten um die 250 kg „gesund“ abzufangen. Siehe dazu auch Kapitel 17 Leidbild Umsetzen.
Der Mittwoch dient der
Überkopfarbeit, unter
Belastung der Muskeln im Oberkörper.
SS v+hi bedeutet
Ständerstoßen vorn 1x und hinten
1x, anschließend mit höherer Last nur von hinten.
Es ist dabei von vornherein auf den korrekten Ablauf zu achten. Es ist empfehlenswert, nach jedem Stoß zur Qualitätskontrolle der Technik im Ausfallschritt zu verharren und die Last kurz zu
fixieren, bevor man zuerst den vorderen Fuß zurücksetzt und mit beiden Füßen die Grundstellung einnimmt.
Empfehlenswert ist, vor dem Stoßen zur Erwärmung und Einüben der Feinkoordination Ausfallgymnastik mit einer
leichten Stange auszuführen (siehe Kapitel 17 unter Ausstoßen).
Schwungdrücken vorn (SCHD v) ist die für das Ausstoßen essentielle Kraftübung. Wiederholung und Intensität gilt hier für das Schwungdrücken wie bei den Kniebeugen vorn Spannung für das Umsetzen.
Schwungdrücken Nacken breit (SCHD Na br): Das Schwungdrücken aus dem Nacken wird mit Reißgriffbreite ausgeführt. Bei dieser Übung muss immer gesondert mit moderater Last zusätzlich aufgewärmt werden.
Die Besonderheit
dabei ist, soweit von der Belastung her vertretbar, das
l a n g s a me Ablassen (exzentrisch) der Hantel. Diese
Übung sichert nebenbei das stabile Abfangen der Hantel beim Reißen und es wird eine
insgesamt stabilere Basis für das Ausstoßen geschaffen, sowie ein ausgewogenes Kräfteverhältnis der Muskulatur zwischen vorderer und hinterer Schulterpartie entwickelt. (Video siehe in Kapitel 16)
Beim Ausstoßen wird die Schnellkraft geübt und mit den weiteren Übungen die Maximalkraft bei gleichzeitiger, intensiver hypertrophen Ausprägung des Oberkörpers. Hinzu kommen noch wenige Sätze Dips in sehr langsamer Ausführung bei nicht zutiefem Herablassen an den Barrenholmen.
Das Freitag-Rückentraining sollte wegen der nötigen Erholung für den am Montag folgenden und wichtigsten Schnell- und Maximalkraft-Tag auch tatsächlich am Freitag durchgeführt werden.
Das Umsetzen (TUS) wird genau so ausgeführt wie am Montag für das Reißen beschrieben. Hierbei ist zu beachten: Immer schnell aus der Hocke aufstehen!
Der Zug Breit 1/3 (ZB 1/3) dient der Ausbildung der Maximalkraft und der Muskulatur (u.a. des größten Einzelmuskels des Körpers, dem Gluteus Maximus, für den Start des Reißens).
Diese Übung soll bei jeder Wiederholung im Ansatz, das heißt mit der Position wie bei der ersten Wiederholung frisch aufgebaut und langsam bis unters Knie gehoben werden. Dann wird mit 1-2 Sekunden kurz fixiert und mit gleichem langsamen Tempo auch das Ablassen wie bei den Kniebeugen durchgeführt.
Zug Breit 1/3 dient in erster Linie einem kräftigen Start beim Reißen. Beim Wegheben zum Reißen müssen in etwa Kräfte zwischen 125 bis 150% der aufliegenden Maximallast aufgebracht werden.
Eine stark ausgeprägte Muskulatur der Beine, des Gluteus Maximus und der Rückenstrecker befähigen mit einem kräftigen Start die Hantel schnell in eine günstige Zugposition in Höhe v1 zu bringen. Damit ist ein technisch gutes Reißen möglich. So lassen sich eher ungünstigen Überlagerungen und ausufernden Schleuderbewegungen, die zu einem hohen Anteil der Fehlversuche führen, vermeiden.
Außerdem wird der Krafteinsatz beim Start gleichmäßiger über die Muskelgruppen Beine, Hintern (Gluteus) und Rückenstrecker verteilt.
ZEH langsam = Zug eng aus dem Hang langsam. Dabei wird die Hantel ganz normal in den aufrechten Stand gehoben. Der Rücken wird in Richtung Hohlkreuz durchgedrückt, danach beginnt das langsame Absenken der Hantel (analog KB) bis kurz unter das Knie, wo zuvor die 1/3 Züge kurz gehalten wurden. Die folgenden Wiederholungen werden dann unter Spannung - also nicht vollständig in den aufrechten Stand zurück - mit der Hantel langsam auf und langsam ab trainiert.
Der Tempoverlauf entspricht dabei dem Tempo bei den Kniebeugen vorn Spannung.
Mit diesen beiden Maximalkraftübungen entwickelt man eine starke Basis und die Grundlage einen technisch günstigen Zugverlauf mit hoher Geschwindigkeit ausführen zu können.
Vor Beginn dieser Trainingsmethode sind noch einige wichtige Dinge zu beachten. Darüber in der baldigen Fortsetzung dieses Kapitels mehr!
Fortsetzung zum speziellen, fundamentalen Trainingsaufbau im Gewichtheben für Fortgeschrittene (04.12.2014)
Bei dieser Trainingsmethode sind unbedingt die individuellen Pausen zwischen den Antritten bei den Maximalkraftübungen zu beachten. Je nach Veranlagung und Intensität (z.B. ganz besonders in der 3., 6. und 9. Woche) sind 5 bis 10 Minuten oder mehr Pause zwischen jedem der 5er-Sätze einzuhalten.
Sollten die angestrebten 5 oder 6 Wiederholungen in den Folgesätzen nicht bewältigt werden, ist davon auszugehen, dass die Pause nicht ausreichend war.
Wenn die Trainingsplanung optimal konzipiert ist und die 3. Woche gut erfüllt wird,
funktioniert dieses Anpassungsschema dann auch für die 6. und 9. Woche. Außerdem ist eine weitere
Steigerung bei einem evtl. vorgesehenen Test in der 10. Woche mit nur in einem Satz und 5 Wiederholungen
möglich.
Nach Abschluss der Aufbauperiode erfolgt der Einstieg in die Wettkampfperiode. Dabei werden dann technik- und wettkampfspezifischen Übungen individuell passend eingefügt. Es ist dann optimal etwa 3 Wochen danach den 1. Wettkampf zu absolvieren.
Während des Aufbautrainings ist es wichtig, eine qualitativ hochwertige und proteinreiche Ernährung zu sich zu nehmen (siehe auch Kapitel 9 „Der KÖGELEIQU“).
Hohe Widerstände führen zu kleinen Rissen in den Muskelfasern. Dadurch kommt es zu einer erhöhten Proteinsynthese, die bei Einnahme von ausreichend Aminosäuren über die Ernährung zu einer verstärkten
Reparatur der beschädigten Muskelfasern und deren Verdickung (Hypertrophie) führt.
Um diese Reparaturen zu begünstigen und weitere Hypertrophie zu fördern, ist vor Beginn des fundamentalen Trainings, der sarkoplasmatische Anteil (den lebenden Zellinhalt, das Zytoplasma) der Muskelzelle zu
erhöhen. Dies ist notwendig um die neu aufgebaute, sarkomere Hypertrophie (Sarkomere sind Kraftwerke der Muskelzelle)
optimal in sportliche Leistung
umsetzen zu können.
Dazu ist ein Training mit metabolischer Ermüdung erforderlich (durch Verbrauch von Protein, Kohlenhydraten und Fetten), welches zu einer Neubildung von Zellkernen in der Muskelzelle durch
sogenannte Satellitenzellen führt.
Dieses Training mit der Ausführung von etwa 12 bis 15 Wiederholungen bis zur metabolischen Ermüdung erzeugt, bei
entsprechenden Belastung (Auslastung), einen hohen Laktatspiegel bzw. spürbarem "Pump" (Brennen in den betroffenen
Muskelgruppen). Dies sind Hinweise für die Bildung sarkoplasmatischer Hypertrophie (siehe auch in Kapitel 1).
Dieses sarkoplasmatische Retikulum dient pauschal ausgedrückt, zur besseren Regeneration und der Versorgung der
(neu) hinzugekommenen Sarkomere (Kraftwerke der Muskelzelle).
Laut den Ausführungen von Prof. Dr. Bloch sollten 2 bis 3 Wochen vor Beginn einer sarkomeren Hypertrophie-Periode einige Trainingseinheiten zu dieser sarkoplasmatischen Hypertrophie-Bildung durchgeführt werden.
Dies war mein Versuch einer kurzen Erklärung des komplizierten Stoffwechselverhaltens im Muskel. Weiter unten folgt dann der Trainingsvorschlag.
Am letzten Oktoberwochenende 2014 nahm ich an einem Kraft-Symposium in Frankfurt mit dem
Motto „Wissenschaft trifft Praxis“ teil.
Diese Veranstaltung war von großem Interesse und bereits schon Ende Juli mit 200 Teilnehmern ausgebucht.
Dabei war auch eine große Anzahl aus Österreich und der Schweiz angereister Interessenten.
Über das zuvor von mir kurz zusammengefasste Muskelverhalten bei unterschiedlichen Belastungen referierte Prof. Bloch ausführlich. Ein Auszug:
Muskelfasern - Neue Einblicke in die akute und chronische Anpassung
(Prof. Dr. Wilhelm Bloch @ Deutsche Sporthochschule Köln)
Die Muskulatur stellt ein hoch plastisches Gewebe dar, welches auf mechanische, metabolische, neuronale und hormonelle Stimuli funktionell und strukturell anpaßt. Die Anpassung findet sowohl in den Muskelfasern als den sie umgebenden und versorgenden Strukturen (Gefäße und Extrazellularmatrix) unter dem Einfluss von Belastung und Regeneration statt. Dies kann zu kurzfristigen Veränderungen der Kontraktionsfähigkeit und zu längerfristigen Veränderungen der Kontraktionseigenschaften führen. Dabei spielen funktionell kurzfristige Modifikationen von für die Kontraktion wichtigen Molekülen eine wesentliche Rolle, wie am Beispiel des für die Kalziumoszillation wichtigen Ryanondinkanals aufgezeigt werden kann. Eine Hyperphosphorylierung des Kanals kann kurzfristig die Leistungsfähigkeit der Muskulatur reduzieren. Neben solchen kurzfristigen funktionell wirkenden Anpassungen, kann sich die Muskulatur auch mittel- und langfristig auf veränderte Belastungs- und Umgebungsbedingungen anpassen. Dies geschieht durch einen ständigen Umbau der Muskelfasern, für den einerseits Abbaumechanismen und andererseits, Aufbaumechanismen gebraucht werden. Dies wird besonders deutlich, wenn berücksichtigt wird, dass mehr als1% aller Muskelfaserproteine pro Tag ersetzt werden und dies unter spezifischen Belastungsbedingungen noch deutlich gesteigert wird. Daher sind einerseits Abbaumechanismen, wie z.B. Autophagie im Muskel von Bedeutung die durch Trainingsstimuli induziert werden, wie wir jetzt zeigen können.
Andererseits ist eine reizabhängige Steuerung der Proteinsynthese in den Muskelfasern von
Bedeutung und es stellt sich die Frage, welche Reize stimulieren die Proteinsynthese am effizientesten.
Umbau der Skelettmuskulatur ist jedoch auch von Stamm bzw. Vorläuferzellen im Muskel den Satellitenzellen abhängig, da nur so gewährleistet werden kann, dass ausreichend Muskelzellkerne in den Muskelfasern vorhanden sind, um die
Proteinsynthese zu codieren.
Trainingsbelastung hat über die verschiedenen Stimuli, wie am Beispiel des ,,metabolischen Regulators“ Laktat gezeigt werden kann, einen Einfluss auf die Satellitenzellen. Dabei spielen epigenetische Modulationen, die zur Gen-An- und Abschaltung führen eine wichtige Rolle.
Diese epigenetischen Modulationen können auch die Funktion der Muskelzellkerne
beeinflussen und darüber den Phänotyp der Muskelfasern.
Mein Vorschlag für das speziell vor dem fundamentalen Gewichthebe-grundlagen angepasste Training
zur sarkoplasmatischen Hypertrophie des Muskels.
Praktischerweise sollte die Belastung auf
die Muskelgruppen treffen, die anschließend entwickelt werden sollen.
Es sollte eine Belastung gewählt werden, die bei 12 bis 15 oder mehr Wiederholungen ein Brennen bzw. ein "Pump" in
den Muskeln erzeugt.
Es ist empfehlenswert etwa 2-3 Sätze normale Kniebeugen vorn oder hinten, Rumpfaufrichten mit
engen bis mittelbreitem Griff und dazu Schwungdrücken, vorn mit normalen Griff und mit breiten Griff hinten auszuführen.
Beim Schwungdrücken ist dann bei 3 Sätzen in den Trainingseinheiten abzuwechseln, also einmal 2 Sätze vorn und ein Satz hinten und umgekehrt ausführen.
Es sollten 4 bis 6 Trainingseinheiten vor Beginn des fundamentalen Hypertrophie-Trainings
angestrebt werden. Die Pausen zwischen den Trainingseinheiten kann der Sportler nach seinem Empfinden
oder seiner Erfahrung festlegen.
Ein weiteres Thema des Symposiums war „Stoffwechsel und Krafttraining“, referiert von Prof. Dr. Hartmann (Universität Leipzig).
Dieser berichtete unter anderem über das Training von Sprintern mit einer 100 Meter Zeit von 10,0 oder darunter, die er in den USA beobachtete.
Beispiele:
So eine Trainingseinheit von ca. 90 min. bestand gerade mal aus 6 Steigerungsläufen mit langen Pausen und viel Spaß zwischendurch. Dem speziellen Krafttraining wurde auch nicht gerade viel
Aufwand gewidmet.
Dazu folgte die Bemerkung, dass die deutsche Olympiamannschaft von den Trainingsbelastungen her (Be- und Entlastung) meist erst bei der Rückreise von den Olympischen Spielen ihre Topform erreicht
und der Hinweis auf weitere Wunderlichkeiten, deren Ursachen sich in der Belastung durch eine falsch konzipiertes
Training nachweisen lassen.
Eine Betrachtung der Trainingsmethodik der deutschen Nationalheber
(06.01.2015)
Sieht man sich die (6-wöchige?) fundamentale Vorbereitung des BVDG an - hier ein Musterplan von 2002 und darunter der reformierte Rahmenorientierungsplan ab 2012 - kann man den Aufbau in den ausgewählten Übungen erkennen.
Er besteht in der Verteilung der wechselnden Wiederholungsmuster pro Woche von z.B. 450, 650, 550, 350, 550, 450 in 2002 und zu 400, 360, 250, 330, 310, 250 in 2012, bei stetig zunehmender Intensität, die in % festgelegt ist.
Es hat lange gedauert, wenigstens diesen Schritt mit der merklichen Rücknahme der übermäßig vielen Wiederholungen zu vollziehen. Dennoch sind diese für die talentiertesten Sportler bei weiten nicht ausreichend gesenkt worden.
Vielleicht hat man sich von meinem im Frühjahr 2008 veröffentlichen Musterplan (Kapitel 3, im Vergleich der ersten 6 Wochen = Aufbauphase) und den
dazu begleitenden Begründungen doch inspirieren lassen und den Unsinn mit den übermäßig vielen Wiederholungen etwas zurückgenommen. Allerdings ist dann nicht verstanden worden, worauf es eigentlich ankommt:
Es kommt auf die Steigerung der Intensität in den für den 2-Kampf essentiellen Übungsabläufen an, um eine spezielle Hypertrophie in diesen Muskelgruppen
zu erzielen.
Große Umfänge mit vielen
Sätzen und wenig Satzwiederholungen lassen nur eine begrenzte
Steigerung der Hypertrophie zu.
Tatsächlich aber ließ und lasse ich diesen vorgestellten Musterplan von 2008 (Kapitel 3) individuell bei unterschiedlichen Sportlern angepasst, sogar mit noch weniger Wiederholungen trainieren.
Oft werden statt der vorgegebenen 6 Sätze nur 4-5 Sätze trainiert. Das Hockesenken muss nur von den Sportlern trainiert werden, die Probleme beim Abtauchen und Abfangen der Last haben. Auch die breiten
Sitzkniebeugen für den stabilen Sitz in der Hocke beim Reißen, fallen dann ganz weg.
Wenn der Sportler in dieser Disziplin sowieso seine Stärken hat, ist sogar der Überkopfkomplex SS und SCHD v nicht notwendig. Das SCHD v wird dann etwas in der Satzanzahl verringert und im Mittwoch-Training integriert.
Insgesamt kommen so in diesem Wochenplan der fundamentalen Aufbauphase aus Kapitel 3 nicht einmal
200 WH zusammen und in der Wettkampf-Phase dann ab Woche 7 zwischen 130 bis 150 Wiederholungen. In der
Wettkampfwoche sind es dann noch deutlich weniger.
Das jetzt alternativ in Kapitel 19 vorgestellte und oftmals erfolgreich angewandte fundamentale Aufbaukonzept
für Fortgeschrittene dient in erster Linie der Hypertrophie und Erhöhung der
Muskelkraft. Gleichzeitig wird die für das Gewichtheben spezifische Muskelmasse neu aufgebaut.
Dieses Konzept kommt sogar mit nur ca. 100 Wiederholungen pro Woche aus und ist besonders günstig
beim Wechsel in eine höhere Gewichtsklasse anzuwenden.
In den schweren Trainingswochen steigt dann durch die erhöhte Aufwärmarbeit in den technischen Schnellkraftübungen die Wiederholungsanzahl auf etwa 120.
Bei Fortgeschrittenen Hoch- und Höchsttalentierten wirkt dieses Programm besonders, vorausgesetzt es ist in der Intensität richtig konzipiert und vom
Sportler in der Qualität der Ausführung gut umgesetzt.
Dieses Konzept lasse ich, bis auf geringe Abweichungen, die sich während des Trainings ergeben können, so wie oben beschrieben in 9 Wochen
durchführen.
Auch in Wiederholungsanzahl und Intensität ist eindeutig
definiert was damit erzielt werden soll:
1 bis 3 Wiederholungen dienen der Präzisierung der Technik und der Erhöhung der Schnellkraft in den technischen Abläufen.
5 bis 6 Wiederholungen in den Kraftübungen dienen der Erhöhung der Maximalkraft und der Erhöhung der Muskelmasse - zielgerecht in den Bewegungsabläufen für das Reißen und Stoßen.
Das Training ist wegen der primär entscheidenden Be- und
Entlastung in drei verschiedene Komplexe unterteilt:
1. Beinkomplex, 2. Oberkörper-Schulterkomplex und 3. Rückenkomplex.
Diese Form der Belastung ermöglicht es die Kraftübungen mit einer hohen Spannungsfrequenz und gleichzeitig einer hohen Intensität zu trainieren. Das Ergebnis lässt sich, mit der Voraussetzung einer intelligenten Planung, dann im Reißen und Stoßen mit einem effizienten Übertrag verwerten.
Außerdem ist die Zusammenstellung der Übungen so konzipiert, dass fließend in die Folgeübung übergegangen werden kann, statt immer wieder mit erhöhtem Aufwärmaufwand andere Übungen zu beginnen.
Dieses Krafttraining mit hoher Spannungsarbeit bewirkt, dass kleine Risse (Mikrotraumen) in den Muskeln entstehen. Im Ruhezustand (Pause) bauen sich die Muskeln neu auf und werden größer um den neuen Herausforderungen gewachsen zu sein. Die Sarkomer-Dichte (Kraftwerke der
Muskeln) nimmt zu. Diesen Vorgang bezeichnet man als Hypertrophie.
Eine hochwertige und eiweißreiche Ernährung erleichtert diesen Aufbauprozess.
Das BVDG-Training
Nun sehen wir uns das BVDG-Training, welches nach meinem Informationsstand bis etwa einschließlich 2012 trainiert wurde, nach diesen Überlegungen an:
In der Regel wurden pro Woche 6 bis 8 Trainingseinheiten absolviert. Es wurde also oft 2x täglich trainiert.
Hier ist eine mir im Original vorliegende typische Wochenaufteilung eines hochtalentierten und erfolgreichen deutschen Spitzengewichthebers. Als Beispiel zeige ich die sogenannte „fundamentalen Vorbereitungsperiode“ und dazu eine Woche aus der Wettkampfvorbereitung.
Betrachten wir diese 2 Wochen in ihrem Aufbau aus dem 17-wöchigen Zyklus etwas genauer:
Die 5-er-Wiederholungen wurden in der fundamentalen Periode nur an 3 Wochen in dem gesamten 17-Wochen-Rythmus ausgeführt. Die WH-Anzahl in dieser Woche lag bei 500 Wiederholungen (WH gezählt ohne Aufwärmen).
In der WK-Vorbereitung wurden dann auf knapp 350 Wiederholungen
reduziert.
Schauen wir uns von der fundamentalen „Aufbauwoche“ die „fachmännische Zusammensetzung“ der Übungen an:
Nachdem am Montag früh Zug breit und Schwungdrücken trainiert wurde, beginnt man am Nachmittag mit der Schnellkraftübung Reißen. Warum fängt man ein Training mit Hilfsübungen an?
Am Montag Nachmittag beginnt dann das Training mit der Schnellkraftübung Reißen. Warum wird der Organismus am Vormittag ermüdet und die Schnellkraftübung Reißen muss erst in der 2. TE am Tag - dann
nicht mehr in aller Frische - ausgeführt werden?
Anschließend folgt die 2. Rückenübung mit Zug eng! Warum werden an einem Trainingstag 2 Zugübungen ausgeführt?
Nachdem der Rücken durch die 70 Züge an diesem Tag so richtig malträtiert
wurde, werden nochmal 35 schwere KB vorne drauf gesetzt!
Was erwartet man, wenn nach 2 Zugübungen auf die erschöpfte Muskulatur noch KB vorne folgen?
So eine Trainingszusammensetzung ist total daneben führt kaum zu besserer Beinkraft , aber ziemlich sicher zu
Gesundheitsschäden.
Ist denn den Verantwortlichen nicht bekannt, dass die Züge ebenfalls mit Beinkraft ausgeführt werden und nach diesen Bewegungsabläufen vor allem der untere Rücken
anschließend durch 35 schwere Kniebeugen äußerst fahrlässig belastet wird?
Nachdem nun am Montag mit 35 WH Schwungdrücken die Schultern, Rücken und Beine so richtig „ausgelutscht“ wurden,
kommt am Dienstag als erstes die Schnellkraftübung Reißen dran.
Wieso glaubt man, dass nach diesen Montags-Belastungen der Organismus in der kurzen Zeit schon wieder die volle Spritzigkeit erlangt hat, um
„schnellkräftig“ arbeiten zu können?
Direkt im Anschluss kommt die Wahnsinnsübung KB vorne + Ausstoßen (siehe Kommentar von Montag).
Nach ZB und ZE und schweren KB vorn am Vortag, setzt man mit Lastheben breit (das so etwas wie Kreuzheben mit breitem Griff ist) am Dienstag noch voll einen drauf!
Das ist für mich der größte Hit.
Am Mittwoch ist mal Pause - wohl mit Physiotherapie-Massage! Ob das noch hilft ist äußerst fraglich (siehe Referat von Prof. A. Ferrauti über Regeneration im Kraftsport.).
Der Donnerstag fängt wieder mit den Hilfsübungen Zug breit und Reißkniebeugen an (Kommentar s.o.).
Am Donnerstag Nachmittag geht es dann wie gehabt zur Sache mit Ausstoßen und schon wieder KB - diesmal hinten. Danach kommt Kraftdrücken für die Schultern.
Am Freitag beginnt man mit Standreißen. Dann kommt wieder eine Glanzleistung der Trainingsplanung: Nachdem man am Tag zuvor die Schultern durch Ausstoßen und Kraftdrücken so richtig belastet hat, führt man nun das Stoßen aus. Dass dabei die Beine vom Tag zuvor mit schweren KB hinten noch nicht erholt sein könnten, nimmt man nicht wahr oder es wurde etwas nicht verstanden.
Nach diesem „Hammer“ greift der Trainingsplaner nun zum „Vorschlaghammer“: Es folgt Lastheben eng (so etwas wie Kreuzheben).
Samstag beginnt das Training nach dem schweren Freitag mit Zug eng und anschließend folgen KB hinten und Kraftdrücken!
Nachdem mir schon am Freitag der Mund offen stehen blieb, weil ich nichts mehr dazu zu sagen wusste, blieb mir am Samstag bei dieser wirklich blödsinnigen Übungsfolge noch die Spucke weg.
Betrachtung der negativen Auswirkungen der Trainingsverfahren auf unsere größten Talente (09.01.2015)
Genau so „fachmännisch“ wie das unbrauchbare Leitbild von der „Technik in Perfektion“ sind die „Trainingskonzeptionen des BVDG“.
Angepriesen werden solche oder ähnliche Weisheiten in diversen Lehrgängen. Dazu dann mit der Angabe „noch mehr Kompetenz geht nicht“.
Es wäre zum Lachen, wenn dann nicht die Sportler und Sportlerinnen mit diesen unausgegorenen und ungeeigneten Vorgaben die Dummen und auch Leidtragenden sind.
Ohne jegliche Rücksicht auf die
biologischen Vorgänge in der Muskulatur und weiteren Organstrukturen, werden mit solchen Plänen Muskelgruppen in kurzen und kürzesten Abständen immer
wieder gleich belastet. Dieser Unsinn geschieht mehrfach täglich 6 - 8x pro Woche, mit teilweise ungeeigneten Übungen, wie aus dem vorgestellten Originalplan zu ersehen
ist.
Das wirkt auf die schon kurz zuvor im Training zerstörten
Muskelfasern etwa so, als wenn man eine offene Wunde die heilen soll, nicht in Ruhe lässt und immer
wieder aufkratzt.
So kommt es zu einer chronischen Entzündung der Muskulatur, die verhindert dass eine optimale Hypertrophie mit entsprechendem Kraftzuwachs entstehen kann.
Womöglich wird dieser Zustand dann noch von dem Trainingsplaner als optimale Muskelspannung interpretiert.
Von einer geplanten systematischen Anpassung ist nichts zu erkennen. Mit solchen Verfahren bringt man die notwendigen Anpassungsvorgänge ständig durcheinander, statt den Sportler seinen
Möglichkeiten entsprechend voran zu bringen.
Im dargestellten Beispiel wird der Rücken 6x und 4x die Beine innerhalb einer Woche direkt belastet.
Dazu kommen noch die anderen technischen Übungen (Kraftdrücken ausgenommen) die mit ihrer spezifischen Belastung ebenfalls auf Rücken und Beine treffen.
Außerdem setzt der Sportler für das Heben die Bänder, Sehnen, Knorpel sowie diverses Gewebe seines Körpers ein. Diese werden in den aufgeführten
Trainingseinheiten immer wieder in kürzesten Abständen stark belastet. Die Abnutzung wird dabei nicht berücksichtigt. Sehnen, Bänder und Knorpel brauchen dazu noch wesentlich länger zur Regeneration als die
Muskulatur!
Je größer das Krafttalent ist, umso belastungssensibler ist die Muskulatur. Die Muskulatur benötigt bei
Krafttalenten besonders lange Erholungszeiten.
Ein Muskel der wachsen (hypertrophieren) und stärker werden soll, braucht eine zunehmend langanhaltende hohe Spannungsentwicklung innerhalb der Muskelfaser, damit möglichst alle Muskelfasern durch die von außen einwirkenden Kräfte „beschädigt“ und dadurch zu vermehrten Wachstum angeregt werden.
Wie das gehen kann wurde von mir in dem Aufbau-Training im Hauptteil dieses Kapitels gezeigt.
Bei zu viel Training und zu wenig Erholung kommt es eher zur Rückbildung und die Leistung kann sinken (siehe auch Beispiele in Kapitel 14 Be- und Entlastung im Leistungssport).
Professor Hartmann machte in dem bereits erwähnten Kraftsymposium auch klar, dass nach seinen Untersuchungen ein Sportler durch falsches Training über einen gewissen Zeitraum leistungsmäßig nicht mehr der alte sein würde und seine Möglichkeiten nie mehr maximal ausschöpfen könne.
Ich habe es schon in anderen Kapiteln erwähnt: Knorpel, Sehnen und Gelenke benötigen nach intensiven Belastungen wesentlich längere Zeit zur Erholung als die Muskulatur. Durch dieses BVDG Trainingsverfahren wird nicht nur das Potentials des Sportlers nicht ausgeschöpft, sondern auch eine verkürzte Karriere wegen Überlastungsschäden dieser Körpersysteme vorprogrammiert.
Professor Ferrauti (Ruhr Universität Bochum) erklärte in dem Kraftsymposium über "Krafttraining und Regeneration", dass es wissenschaftlich nicht belegt sei, dass Massagen und physiologische Anwendungen (ausgenommen evt. Lymphdrainage) überhaupt zur schnelleren Regeneration beitragen.
Teil 2 betrachtet die Trainingsmethodik deutscher Nationalheber.