von Peter Krinke      15-6-2017                                                       

In Teil 1 wurde vergleichend dargestellt, welche Kraftarten in der jeweiligen Disziplin dominant sind.
Beim Gewichtheben muss die Maximalkraft so schnell wie möglich in Start- und Explosivkraft umgewandelt werden.

Die Schnellkraft wird mit den Beinen und Armen in individueller Geschwindigkeit erzeugt.
Der Rumpf dagegen ist langsam und dient zur Stabilisierung des Systems.

Wird aber eine Technik angewandt bei der zum Beispiel Oberkörper mit der Schulter beim Start die Hantel-Stange überragt (Rumpf) und im folgenden Zug statt einer möglichst individuell übereinstimmenden Parallelverschiebung zwischen Bein- und Hüftwinkel erst die Hüfte (Hintern) angehoben und anschließend der Zug wegen zu starker Überlagerung der Schulter über der Hantel mit dem Rücken ( langsamer Rumpf) weiter ausgeführt wird, ist es nicht verwunderlich, dass der Sportler nicht seine bestmögliche Leistung erzielen kann.

Zur Verdeutlichung: Hier wird erst der Beinwinkel geöffnet und anschließend der Hüftwinkel. Es entsteht ein Zug in erster und zweiter Phase. Das ist als wenn ein Rennfahrer auf gerader Strecke vom Gaspedal runtergeht. Richtig ist aber ein durchgehender Zug mit fortlaufender Beschleunigung bis zu vmax.

Dieser Sportler leitet die entscheidende Phase vor vmax mit der Streckung des langsamen Rumpfs ein!

Die Folge ist, dass es zu einem Verlust an Geschwindigkeit (Vmax)und geringerem Krafteinsatz kommt. Bei Tom Schwarzbach sinkt dieser auf äußerst mäßige 70% und bei Max Lang auf 77%. (siehe rechts unten auf dem Video unter "Geschwindigkeit" und "Kraft").
Sowie an möglicher Zughöhe und es zu einer ungünstigeren Hantelflugbahn (Schleudern) in mehr oder weniger starker Ausprägung kommt.

Dass mit so einer Technik bei Maximallasten die Explosivkraft während des Zuges nicht durchgehend realisiert werden kann, dürfte wohl allen klar sein.

Hier einige negative Beispiele von deutschen Spitzenhebern aus dem Jahr 2011 im Reißen.
Ich bringe diese Beispiele nicht um den BVDG oder gar die Sportler zu ärgern oder die hervorragenden Athleten Tom Schwarzbach und Max Lang herab zu setzen. Ich bin als begeisterter Gewichtheber sehr traurig darüber zu sehen, wie z.B. unser wohl größtes Talent Max Lang , ausgestattet mit größten Kraftpotential und einem Dutzend Jahre harter Trainingsfron, es eindeutig auch wegen solcher technischer Mängel nicht zur Olympiateilnahme brachte.
Bedingt durch das Schulungssystem in Deutschland liegen Beispiele solch fehlerhafter Technik genügend vor. Ich brauche daher diese fehlerhaften Abläufe nicht extra mit eigenen Sportlern zu erstellen und nehme das reichlich vorhandene Material.

Man kann erkennen, dass durch die ungünstige Rumpfarbeit (Kreuz) sich die Geschwindigkeit der Hantel in entscheidender Position von v1 zu v2 sich deutlich verringert, statt durchgehend bis vmax zu steigen.Siehe auch rechts in der Kurve den Geschwindigkeitsverlauf. Unter v: kann man beobachten wie die Geschwindigkeit sich während des ungünstigen Zuges sich veringert.

Auf diesen Videos kann man erkennen dass der Krafteinsatz (f) durch diese ungünstige Rumpfarbeit weit unter 100% abfällt.Unter f: kann man beobachten wie sich der Krafteinsatz während des Zuges vermindert.

Hier Tom Schwarzbach in 2013. Die Technik konnte in Geschwindigkeit und Kraftverlauf deutlich verbessert werden.
Leider läuft Tom die Zeit davon.. Mit Jgg.1986 ist sein Leistungszenit schon überschritten.

Max Lang, hier bei der Olympiaquali 2016. Max erzielte seit 2011 einen enormen Kraftzuwachs bei Verbesserung des Krafteinsatzes und der vmax.
Allerdings hat sich seine Technik im Bewegungsablauf gleichzeitig verschlimmbessert..Keine volle Ausstreckung im Zug, Ballet und Hochsprung mit der Hantel. Dazu noch der Sprung nach vorne in die Last.So etwas ist Varietereif, das macht ihm so schnell keiner nach.Allerdings verpasste Max im Zenit seines Könnens durch solche Unfertigkeiten seine Olympiateilnahme.Die Zeit läuft weiter!

Thimo Solar und Nico Müller zeigen hervorragende Parameter in vmax  beide 218 und im Kraftverlauf durchweg über 100% sowie einen optimalen Bewegungsablauf.

 Das Problem ist aus meiner Sicht die nicht angepasste Trainerausbildung. Es wird in Deutschland immer noch ein Technikstil der 80er Jahre praktiziert und auch leider noch als die ultimative Technik in Perfektion verkündet.
Weit verbreitet hängen große Poster des Olympiasiegers Steiner in den Vereinen. Dessen darauf abgebildete Ausgangsstellung zum Reißen ist abschreckendes Beispiel statt Vorbild.
Es ist peinlich was ich über dieses Thema davon sogar schon aus dem Ausland mitbekomme.
Von mir trainierte Gewichtheber fühlen sich oft bei Wettkämpfen von derartig ausgebildeten Trainern belästigt, weil sie während des Aufwärmens gut gemeinte Ratschläge wegen ihrer „falschen Startstellung“ anhören müssen.

Ganz besonders schlimm war es bei den Masters 2016 in Rodewisch.
Ein ASC-Sportler, Crossfit-Studio Inhaber aus Mainz, war ohne Betreuung zu den Masters angereist und wurde beim Aufwärmen zum Wettkampf von gleich mehreren ansässigen Trainern ständig darauf hingewiesen, was er angeblich alles falsch mache.
Solche Hinweise sind alles andere als eine Hilfe und stören den Sportler erheblich – auch wenn es gut gemeint ist. Direkt vor dem Wettkampf sind solche Belehrungen sowieso unbedingt zu unterlassen. Es gibt noch andere Techniken als die die in Deutschland als ultimative Weisheit eingebläut werden.

Ich stelle immer noch eine gewisse kritiklose, obrigkeitshörige Ostblockmentalität fest. Einer bestimmt was richtig ist und alle folgen. Auch den Abhang runter!